Peter Weiss in Zürich: Am Sonntag, 19. Oktober gibts wieder mal einen (Pilger)Gang zur Zürcher Spiegelgasse, wo Büchner 1836/37 lebte und starb, Lenin 1915/16 lebte und arbeitete und 1916 Dada gegründet wurde – wo Peter Weiss dann die doppelte Revolution, die wache und die geträumte, aufgespürt hat.

Starkes Lob für die Stuttgarter Inszenierung von PWs «Ermittlung». «Grosses Theater» urteilt die taz, und es werde Nähe hergestellt, ohne sich Leid anzueignen, findet die FR. Die SZ nennt das Stück «erschütternd objektiv», während in der «Nachtkritik» die Aktualität der Inszenierung betont wird.

Erinnerungsarbeit: «Nichtjüdische JüdInnen» sowie «Häretiker nicht Renegaten» (Isaac Deutscher) stellt Band 5 der wichtigen Reihe «Jüdinnen und Juden in der internationalen Linken» der Rosa-Luxemburg-Stiftung vor, neben Deutscher etwa Leo Kofler, Angelica Balabanoff, Harold Laski und Leo Bauer.

«Selbst nicht produktiv, aber außerordentlich geeignet, das produktive zu erkennen und zu fördern. Bekam starken Eindruck von fruchtbarer Zusammenarbeit», schreibt Peter Weiss 1960 nach einem Besuch bei Siegfried Unseld, der PWs «Kutscher» herausgibt – heute vor 101 Jahren wurde Unseld geboren.

Bislang übersehen, oder überhört: das sechsteilige Hörspiel zu Peter Weiss von Fabian Saul. Ein Podcast im Deutschlandfunk Kultur von Mitte August: www.hoerspielundfeature.de/die-aestheti.... Das wird noch zu reden, oder schreiben, geben.

Ein passender Ort: «Die Ermittlung» im Landtag Baden-Württemberg. Burkhard C. Kosminski, Intendant des Schauspiel Stuttgart, inszeniert das Stück über die Auschwitzer-Prozesse; Premiere ist am 30. 9. Nach dem Landtag wird es auch an anderen Orten in der Stadt gezeigt, so im Landgericht Stuttgart.

Der @verbrecherverlag.bsky.social ist dreißig geworden, herzlichen Glückwunsch. Über 300 Bücher, kaum aufzählbar die SchriftstellerInnen (bitte Verlagswebsite konsultieren), auch zwei Bücher von/über Peter Weiss sowie, nicht zu vergessen, die Autobiografie von Gunilla Palmstierna-Weiss: Danke.

Die Schriftstellerin Asal Dardan schöpft Hoffnung aus einem Satz aus der ÄdW, „weil er zeigt, dass bestimmte Kämpfe notwendig sind und anschließen an vorherige Kämpfe und an Erkenntnisse, und (...) weil wir da sind, um sie zu führen, um aneinander festzuhalten“. Im #Deutschlandfunk vom 14.9.25.

«Wenn man in der Kunst nicht vorgesehen ist, muss man sich in sie hineindrängen»: Unter diesem Titel setzt sich in der jüngsten @WOZ.ch der Schriftsteller Mesut Bayraktar mit der Aktualität der ÄdW auseinander und findet darin das «Alphabet einer klassenbewussten Literatur im 21. Jahrhundert».

«Schön. Das Leben ist schön. Dieses glänzende Gras. Die weiße Mauer. Der blaue Himmel hinter dir. Seit langem hab ich mich nicht so wohl gefühlt», sagt Trotzki im Exil bei PW, «beugt sich übers Manuskript», worauf Frank Jacson hinter ihm mit dem Eispickel zum «Schlag ausholt», heute vor 85 Jahren.

Aus den Tiefen eines Privatarchivs. Die wichtige Schweizer Zeitschrift «neutralität» besprach im März 1966 «Die Ermittlung»: Im Nazi-System mit seinem Vernichtungsprogramm «habe der Einzelne - so behaupten die Angeklagten - nicht mehr den Spielraum gehabt zum Widerstand gegen die Befehle». Aktuell!

«Nur noch Fälschung, Entstellung? Wer wird es wagen, den Kampf aufzunehmen mit dem Grundschlamm?», schrieb PW 1972. Doris Gercke hat das ihrem Krimi «Auf Leben und Tod» (1995) vorangestellt, da sie gesellschaftlichen Verbrechen auf der Spur war. Am 25. Juli ist Gercke, 88 Jahre alt, gestorben.

Die Frankfurter Hölderlin-Ausgabe aus dem Hause Roter Stern/Stroemfeld bleibt ein Glanzpunkt der Literatur- und Editionsgeschichte. Was hat die Hölderlin-Faszination von Verleger KD Wolff befeuert? Der «Hölderlin» von Peter Weiss, wie Wolff in seiner nächstens erscheinenden Autobiografie schreibt.

Nachtrag zu Fanon: Als Franco Basaglia / Franca Ongaro 1969 eine erschütternde Bildreportage aus der psychiatrischen Anstalt von Gorizia mit Fotografien von Carla Cerati und Gianni Berengo Gardin veröffentlichten, standen darin auch einschlägige Texte von Frantz Fanon und Peter Weiss nebeneinander.

Zu Frantz Fanons hundertstem Geburtstag am 20. Juli: PW zitiert ihn 1965 kurz, behandelt ihn aber nicht vorrangig als Theoretiker, sondern stellt ihn Ende 1968 während der Arbeit an „Trotzki im Exil“ in eine Reihe von politischen Führern: „Fanon – Lumumba – Malcom X – Che (Die Zukünftigen)“.

Peter Weiss musste in den 1970er-Jahren noch gegen den Imperialismus anschreiben, der in Vietnam oder Angola wütete. Jetzt redet man in der neusten Nummer von #LuXemburg vom autoritären Spätneoliberalismus, mit dessen Instabilität, Dauerkrisen und Disruption. Die Zeiten ändern sich, aber nur wenig.

Wohl zum ersten Mal wird PW in «Private Eye» erwähnt, dem englischen Satire- und Recherche-Magazin, leider in der Rubrik, in der gestelzte Sätze aufgespießt werden. Diesmal hat es eine Besprechung der ÄdW im «Spectator» erwischt, in der das Eingangswort tatsächlich in meinem Oxford Dictionary fehlt.

Eine eher überraschende Beziehung von PW: die zu Hermann Hesse. Der hat ihn halt ermutigt. «Begabung haben Sie ohne Zweifel, sowohl als Dichter wie als Zeichner.» Und 1937 einen Aufenthalt in Montagnola ermöglicht. Zum Geburtstag von Hesse am 2. Juli 1877 also ein melancholischer PW aus dem Tessin.

1965 hat PW mit Anna Seghers Auschwitz besichtigt, und auch danach traf man sich öfter. Den 125. Geburtstag von Seghers (1900-1983) feiert die Anna Seghers Gesellschaft, anna-seghers.de, unter anderm Anfang Juni an einer Tagung, mit einem Beitrag von Ingo Schulze, «Von der Kraft der Schwachen».

Die neuen Notizblätter zu Peter Weiss sind ins Haus geflogen: Neben einem Nachruf auf Manfred Haiduk, einer Theaterbesprechung und Buchhinweisen findet sich eine erhellende Auswertung von Rezensionen zu Jonas Lüschers Roman «Verzauberte Vorbestimmung», der vielfältig auf Peter Weiss Bezug nimmt.

«Der stärkste Eindruck von Peter Weiss ist für mich, dass in seiner Gegenwart Verzauberung eintrat. Er hat es fertiggebracht, die Realität auf eine mythische Höhe hinaufzuheben», hat der am 11. Mai 1913 geborene Jugendfreund Robert Jungk gemeint und wanderte 1938 mit PW ins Tessin zu Hermann Hesse.

Zum 10. Mai 1982 hat Gunilla Palmstierna-Weiss geschrieben: «Die Nachricht von Peters Tod erreichte mich am späten Abend. Als der Anruf kam, schrie Nadja im Hintergrund: «Ist Papa tot?!»» Drei Tage zuvor hatte er noch mit Schülern, die Nadja gemobbt hatten, über Demokratie & Solidarität diskutiert.

In der Fotografie zu einem schönen «Zeit»-Interview mit Volker Braun zu dessen Geburtstag 2024 lässt sich auf dem Beistelltisch eine Ausgabe der ÄdW entziffern, was heute, am 86. Geburtstag, wohl weiterhin gilt, da Peter Weiss für Volker Braun einer der wichtigsten Bezugspunkte geblieben ist.

Erinnerung ist Arbeit an der Gegenwart, heißt es übers Wochenende im Schauspielhaus Bochum. Ein «Textmarathon» präsentiert Freitag/Samstag u.a. Texte von Wiesel, Remarque, Brecht, Levi, Arendt, Müller und Peter Weiss: Am Freitag, 9. Mai um 14 Uhr ist die ÄdW dran, www.schauspielhausbochum.de/de/

Für Kurzentschlossene und Flexible: Heute Abend, 19 Uhr, in Berlin wird über den Abschluss der englischsprachigen Ausgabe der ÄdW diskutiert. Mit Übersetzer Joel Scott, den WissenschaftlerInnen Jenny Willner und Alexander Lin sowie Aktivistin Simin Jawabreh. In der Vierten Welt am Kottbusser Tor.

Fünf Mal wird er in der ÄdW erwähnt, aber bloß in Aufzählungen, wer denn der Arbeiterbewegung verbunden gewesen und entsprechend von den Nazis verfolgt worden sei; was dem rasenden Reporter und seiner Kunst denn doch nicht ganz gerecht wird: Egon Erwin Kisch, heute vor 140 Jahren in Prag geboren.

«Wo Fälschung und Lüge sich zur höchsten Wahrheit ernannt hatten, war die einzige Handlung, die sich als wahr bezeichnen liesse, der Selbstmord», schreibt Peter Weiss über Karin Boyes dystopischen Roman «Kallocain» und gleichzeitig über diese selbst, die am 24. April 1941 den Suizid gewählt hatte.

Just released: the third volume of The Aesthetics of Resistance, translated by Joel Scott. Finally, after 20 years, the whole novel in English. Also planned but not yet available at @dukepress.bsky.social a complete three volume set. Hurry to order it, before censorship in Trump’s USA will strike.

Ästhetik und Widerstand, und das in Trumps USA. Zur fertig gestellten US-amerikanischen Übersetzung der ÄdW gibts am 30. April in der #ViertenWelt in Berlin eine Diskussion, mit Übersetzer Joel Scott, den WissenschaftlerInnen Jenny Willner und Alexander Lin sowie der Aktivistin Simin Jawabreh.

Er hat Peter Weiss jahrelang als Berater und Freund begleitet. Manfred Haiduk hat ab 1965 an den Rostocker Aufführungen der Werke von Peter Weiss mitgearbeitet und Bücher zu Weiss veröffentlicht. Anfang April ist er mit 97 Jahren gestorben. Die IPWG trauert mit der Familie um ihr Ehrenmitglied.

Mit der „Ästhetik des Widerstands“ soll der Schweizer Soziologe, Philosoph und Maler Guido Hischier in einem umfangreichen Porträtband über ihn ins rechte Licht gerückt werden: Seine Ästhetik sei eine Empfindungslehre des kollektiven Widerstands, auch in den leuchtenden Bergen der Walliser Alpen.

Zwischen Zwangsjacke und roter Mütze (bzw. Hut): Aus der szenischen Lesung des Marat/Sade am 29. März in Berlin durch das Theater Gegendruck; organisiert von der Peter-Weiss-Gesellschaft, vor interessiertem Publikum und folgender angeregter Diskussion.

Zu aktualisieren: «Das geschriebene Wort ist die gefährlichste Kunstart. Immer zuerst und am hartnäckigsten verfolgt, zensuriert, verboten. Die Schreiber immer die, die zuerst der Bestrafung, Verfemung, Einkerkerung ausgesetzt sind.» (Peter Weiss 1972). Siehe Türkei und den Kulturkampf in den USA.

Enter Peter Weiss via a review in @nybooks.com about denazification in West Germany with literature, mentioning W.G. Sebald who „expressed mild contempt for Böll and Grass while reserving a soft spot for Peter Weiss“ - indeed, Sebald wrote in 1986 about „Memory and Cruelty“ in Weiss‘s painting.

89 Jahre alt ist der Philosoph WF Haug gestern geworden – einer der ersten, der die Devise ausgab, Peter Weiss zu lesen und von ihm zu lernen, neben zahlreichen weiteren Verdiensten, etwa dem Historisch-Kritischen Wörterbuch des Marxismus, wie die ÄdW ein Monument linken Geschichtsbewusstseins.

«Reform oder Revolution?» heißt eine Veranstaltung, organisiert von der Peter-Weiss-Gesellschaft. Wobei das eher historisch gemeint ist: Am Samstag, 29. März gibts eine szenische Lesung aus dem Marat/Sade samt Podiumsdiskussion. 18 Uhr im Berliner Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung.

Lesefrucht aus nicht vergangnen Zeiten: Für mich hat, sagt der Philosoph Wolfgang Fritz Haug, die ÄdW genau diese Bedeutung, Materialien für eine Durcharbeitung des 20. Jahrhunderts zu liefern, die uns weiterhin belastet. Gesagt 1993, im Jubiläums-«Argument» 200 zur Frage eines neuen Antifaschismus.

Zum 8. März: In ihrer Kunst habe sie sich manchmal als Priesterin eines Offenbarungsmittels gesehen, sagte Karin Boye, … doch sie würde sich nun nur noch allein zu helfen wissen, jeden fremden Beistand habe sie aufgegeben, sie habe bisher immer wie unterm Zwang der Selbstverleugnung gehandelt. (ÄdW)

Freiheitsrechte: Vor 500 Jahren verabschiedeten oberschwäbische Bauernvertreter in Memmingen 12 Befreiungsartikel und wurden später niedergemetzelt; wohingegen Brecht in der ÄdW am aufrührerischen Grubenmeister Engelbrekt Klassen- und Kräfteverhältnisse im Schweden des 15. Jahrhunderts skizziert.

Ausstellungen, Installationen und Happenings macht der Konzeptkünstler #PeterSchmidt. Ende letztes Jahr hat er, mit Lukas Winter, zu Peter Weiss einen Filmabend zu einer möglichen Theaterästhetik des Widerstands gestaltet. Ein optischer Eindruck lässt sich nachholen: www.oma-maier.de/aktuell.html.

Ein Wort zur Lage? Zwischen alter und neuer Welt ist die «Zeit der Monster», schreibt Gramsci, hoffnungsfroh pessimistisch, wozu Marat bei Weiss meint: «Wie wir uns auch abmühn das Neue zu fassen / es entsteht doch erst / zwischen ungeschickten Handlungen» – was, immerhin, aufs eigne Tun verweist.

Der Marat/Sade kommt wieder mal nach Berlin. Als szenische Lesung mit Live-Musik, gespielt vom Theater Gegendruck, www.theater-gegendruck.de. Es geht noch ein paar Tage, aber man sollte sichs im Kalender schon anstreichen: Samstag, 29. März. Samt Podiumsdiskussion unter Leitung von Michael Hofmann.

Paris ist ein zentraler Ausgangspunkt und Ort des Widerstands in der Ästhetik des Widerstands, und so ist es passend, dass eine theatralische Umsetzung von Sylvain Creuzevault nach Paris kommt. 2023 uraufgeführt in Strassburg, gastiert das Ensemble vom 1. bis 16. März im Théâtre National de lʼOdéon.

«die von den Monaten der Haft geschwächte Frau, deren volles Haar weiss geworden war, hatte sich schon unempfindlich und unnahbar gemacht und auf ihr Ende vorbereitet» (ÄdW III, 211): Am 16.2.1943 wurde Mildred Fish-Harnack von den Nazis ermordet – daran hat linkslesen.bsky.social erinnert.

«Sie kommen / passt auf / Seht sie euch an / diese Galerie von Figuren / dieses Kabinett von Hohenpriestern Ordensträgern / und Falschmünzern / Passt auf / sie sind schon dabei / ihr neues Reich zu bauen / und vor dieser Gröβe / werdet ihr klein sein und kriechen», warnt Marat bei Weiss, vergeblich?

Vielfältige, widersprüchliche Interessen im palästinensisch-jüdischen Konflikt – auf beiden Seiten – schildert Arnold Zweigs Roman «De Vriendt kehrt heim» von 1932, jetzt neu aufgelegt. Laut der Wochenzeitung @woz.ch liefere Zweig, Kriegsgegner, zeitweilig Zionist, Kommunist, so aktuelle Einsichten.

«Gefährte glücklicher Zeiten». So lautet eine Veranstaltung morgen zum transatlantischen Briefwechsel George Grosz & Bertolt Brecht. Es gibt eine Lesung, Musik und Gespräch mit Paul Herwig und Oliver Kraushaar. Am 12. Februar, 19 Uhr, im #MünzenbergForum am Franz-Mehring-Platz in Berlin.

Sagen wir mit neun Jahren, am 10. Februar 1907, zeigte sich Brecht laut Bruder Walter erstmals als Rebell. Zwei Äpfel waren vom Baum des Vaters gestohlen worden, und gegen dessen Zorn meinte Eugen/Bertolt: «Was Bäume machen, gehört niemandem.» Später war er ja auch in Fragen geistigen Eigentums lax.

Wiederentdeckt in einer Monografie von Dominik Müller zu Jean Tinguely: der Skulpturenzug «Le Transport» in Paris im Mai 1960, den Peter Weiss in den Notizbüchern als «einer revolutionären Handlung verwandt» beschrieben hat, und von Joakim Strömholm fotografiert der verhaftete Revolutionär Tinguely.

Was Libertäre wert sind: Laut dem Antiquariatsverband ZVAB ist 2024 ein maschinengetippter signierter Brief von Ayn Rand, der rabiaten Ideologin des Raubtierkapitalismus, für 20ʼ150 Euro verkauft worden. Ist es ein Trost, dass ein Konvolut von Harry-Potter-Umschlägen 96ʼ000 Euro gelöst hat?