Nach dem Mitklatschen ist vor dem Film beim Festival in San Sebastián. Leonard Krähmer hat sich Neues von zwei französischen Regisseuren angeschaut: Alice Winocours "Couture" bietet viele Stars und eine tolle Musikauswahl. In Claire Denis’ "The Fence" sind die angestaubten Bilder die besten.

Ein Verbrechen wird zum Anlass, um die strukturelle Homophobie in der rumänischen Provinz freizulegen. Das Opfer lernen wir in Emmanuel Parvus Film zwar nie richtig kennen, können am Ende aber doch mit ihm aufatmen. Till Kadritzke über "Drei Kilometer am Ende der Welt", jetzt im Kino.

Regisseur Tom Lin Shu-yu sucht nach Funken von Restwärme in den völlig vereisten Strukturen einer traumatisierten Familie. Mit seinem neuen Film ist ihm ein ziemlich großer Wurf gelungen. Martin Gobbin über "Yen and Ai-Lee", der morgen das Taiwan Film Festival Berlin eröffnet.

Der Regisseur und Autor Hartmut Bitomsky ist im Alter von 83 Jahren verstorben. Tilman Schumacher hat bei uns vor einigen Jahren über Bitomskys eassyistische Dokumentarfilme geschrieben.

30 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag von Mölln erreichen damalige Briefe der Anteilnahme erstmals die Angehörigen der Opfer. Martina Priessners Dokumentarfilm begleitet Betroffene auf dem Weg des Erinnerns. Jasper Stratil über "Die Möllner Briefe", ab heute im Kino.

Ein Unterhändler, hinter dessen aalglatter Fassade sich doch etwas verstecken muss. David Mackenzie gelingt und misslingt ein schön dahingleitender Paranoiathriller, der die Angst zu sehr in Schach hält. Robert Wagner über "The Negotiator", ab morgen im Kino.

Vom 26.9. bis 1.10. zeigt das Taiwan Film Festival Berlin Kino aus jenem kleinen Land, das dank Demokratie, Rede- + Kunstfreiheit oft interessantere Filme hervorbringt als der große Nachbar. Neben Klassikern, Kurzfilmen + Kulturellem steht auch eine der Entdeckungen des Kinojahres auf dem Programm.

Gesichtsmuskeln machen Überstunden, Politsignale führen ins Nirgendwo und auf der Tonspur macht sich musikalischer Dauerhagel breit: P.T. Andersons Pynchon-Paraphrase kann vieles, ist aber längst nicht so crazy wie sie gern wäre. Ekkehard Knörer über "One Battle After Another", ab übermorgen im Kino

Regisseur Kenneth Lonergan umkreist in seinem dritten Film ein traumatisches Ereignis und versucht sich an der Reparatur eines Männerlebens. Till Kadritzke über "Manchester by the Sea", den es neu in der Arte-Mediathek gibt.

Ein Werwolf-Stier in der Camargue: Kraftvoll inszeniert Regisseurin Emma Benestan die Geschichte einer jungen Stierkämpferin, die sich unter Männern behaupten muss und den Tieren immer näher fühlt. Jasper Stratil über "Animale", ab Donnerstag im Kino.

In seinem präzisen, psychologisch dichten Regiedebüt, einer Georges-Simenon-Adaption, erzählt Bertrand Tavernier von einem Vater, der erfährt, dass sein Sohn zum Mörder geworden ist. Aktuell kann man "Der Uhrmacher von St. Paul" (1974) bei AppleTV+ streamen.

Tradition und Moderne bekämpfen und verbinden sich in Kozaburo Yoshimuras Filmen, in denen (Geschäfts-)Frauen zwischen Karriereethos und privaten Gefühlen wählen müssen. Lukas Foerster porträtiert den im Westen wenig bekannten japanischen Regisseur, von dem aktuell Filme in Zürich und Basel laufen.

Ein Schicksalsschlag lässt in Christian Petzolds Film eine Gemeinschaft voller glücklicher Zufälle entstehen, die vielleicht gar keine sind. Das Drama um Verlust entspinnt sich nicht in emotionalen Ausbrüchen, sondern in kleinen Verschiebungen. Lukas Foerster über "Miroirs No. 3", ab morgen im Kino.

Jeff Tremaines ("Jackass") dreiteilige Doku "The Story of Hair Metal" ("Nöthin’ but a Good Time: The Uncensored Story of ’80s Hair Metal") gibt es neu in der 3Sat-Mediathek.

Die Biennale Momentum am Oslofjord ist zugleich Klassiker und Geheimtipp. Kurator Morten Søndergaard hat die idyllische Ferieninsel Jeløy mit Video- und Soundinstallationen in einen spannenden Kunstparcours verwandelt, der zum genauen Zuhören und Hinschauen auffordert. Ute Thon war für uns dort.

Während der Wirtschaftskrise will sich ein arbeitsloser Wiener in die Donau stürzen. Als er einer Frau mit denselben Absichten das Leben rettet, beschließen die beiden gemeinsam den Widrigkeiten des Alltags zu trotzen. Paul Fejos' „Sonnenstrahl“ gibt's aktuell in der Mediathek des Filmarchiv Austria

Als der große Denker Leibniz für ein Porträt Modell sitzt, wird der Akt des Malens zur hochphilosophischen Angelegenheit. Edgar Reitz’ Film ist eine Wunderkammer theoretischer Reflexionen. Maximilian Steinborn über "Leibniz - Chronik eines verschollenen Bilders", ab Donnerstag im Kino.

Ein Bürger ohne Fehl und Tadel (Lino Ventura) wird grundlos terrorisiert. Doch der Hitchcock-Thriller, der sich scheinbar vor uns aufbaut, bleibt aus. Statt Lösungen bietet Regisseur Claude Pinoteau existenzielle Fragen. Robert Wagner über "Tödliche Angst", den es neu in der Arte-Mediathek gibt.

Flutschige Beamte, Gangsterbosse auf Chef-Sofas, sakrosankt schöne Krankenschwestern: Ihnen und vielen mehr konnte man auf der diesjährigen Ausgabe des dem italienischen Genrekino gewidmeten Frankfurter Festivals Terza Visione ansichtig werden.

Die junge Pia ist umgeben von der Normalität des saturierten Bildungsbürgertums, das – so die These in Florian Pochlatkos Langfilmdebüt – krankhafte Normverletzungen überhaupt erst hervorbringt. Lukas Foerster über "How To Be Normal", aktuell im Kino.

Für zehn Tage widmet sich das Leipziger Festival GEGENkino wieder filmischen Randbereichen. Diesmal stehen aktuelle Festivalperlen, feministische Kurzfilmprogramme, die Vorführung einer handbetriebenen Projektionsmaschine und ein Porträt der Regisseurin Sabine Herpich auf dem Programm.

Wie Messi auf der Bank: In seinem Film über eine gigantische Dressurfliege namens Dominique wendet sich Quentin Dupieux endgültig dem Albernen zu. Martin Gobbin über "Eine Fliege kommt selten allein", den es neu in der ARD-Mediathek gibt.

Teils direkter und unnachgiebiger Actionklopper, teils mäandernde Tragikomödie, deren Hauptfigur gerne Pasta kocht. Gabriele Mainettis Film ist hochgradig sympathisches italienisches Genrekino in guter alter Hongkong-Tradition. Robert Wagner über "Kung Fu in Rome", ab heute im Kino.

Ron Howard bietet großspuriges Unterhaltungskino über zwei Geschwindigkeitssüchtige, die den Rausch zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben. Josef Lommer über "Rush - Alles für den Sieg", der vom erbitterten Konkurrenzkampf zwischen Niki Lauda und James Hunt erzählt, und in der ARD-Mediathek steht.

Warum zwischen Killerhai und Serienmörder entscheiden, wenn man beides haben kann: Sean Byrne vermischt verschiedene Genre-Versatzstücke zu einem rasanten Thriller, der sich nicht allzu ernst nimmt, aber dennoch an die Nieren geht. Michael Kienzl über "Dangerous Animals", ab morgen im Kino.

Leidenschaft, superbes Schauspiel, exquisite Pracht. "Versailles" ist ein mit Esprit komponiertes, episches Juwel. An jeder Ecke muss man sich hier neu verlieben. Silvia Szymanski empfiehlt die TV-Serie, die noch bis 21.9. in der ARD-Mediathek steht.

Ein eindrucksvoller Thriller ist Spike Lees Remake von Akira Kurosawas "Zwischen Himmel und Hölle" schon auch. Aber noch besser funktioniert es als Film über einen Mann, der es nur in wohlbekannten Mustern zu leben versteht. Robert Wagner über "Highest 2 Lowest", den es neu bei AppleTV+ gibt.

Er hat Klaviere zertrümmert und Buddha vor einen Fernseher gesetzt. Nam June Paik war Medienkünstler und Provokateur. Amanda Kims Dokumentation schildert sein Leben in bunten Bildern und ergibt sich in ideenloser Heldenverehrung. Fabian Lutz über "Moon Is The Oldest TV", ab Donnerstag im Kino.

In seinem halluzinatorischen, lange als Trash abestempeltem Regiedebüt erzählt Edward D. Wood Jr. von einem Transvestiten und seiner heimlichen Vorliebe für Angorapullover – und verarbeitet darin auch seinen eigenen Kampf. Sascha Kellermann über "Glen or Glenda" , den es z.B. auf YouTube gibt.

Ein Konzert der britischen Band in den Ruinen der von Lavamassen verschütteten Stadt. Entstanden ist ein groovender Endzeitfilm mit außerweltlicher Musik, in dem sich die Band auf eine neue Schaffensphase vorbereitet. Michael Kienzl empfiehlt "Pink Floyd Live at Pompeii", neu in der Arte-Mediathek.

Heute wird in Venedig der Goldene Löwe vergeben. In unserem Kritikerspiegel sind die Favoriten Mona Fastvolds "The Testament of Ann Lee" + Ildiko Enyedis "Silent Friend" (gefolgt von Guillermo del Toro + Kathryn Bigelow). Hier die Noten für den Wettbewerb im Überblick jury.critic.de/cannes/sorti...

Alles fließt – und das größte Kinoglück ist manchmal unter dem Marburger Baum des Lebens zu finden. Ein letztes Mal berichtet Pavao Vlajcic aus Venedig, über Filme von Mamoru Hosoda, Julian Schnabel, Ildikó Enyedi und anderen.

Mit seinem Film über zwei Bergmänner verarbeitet der vietnamnesische Regisseur Trương Minh Quý die Traumata seines Landes als Liebes- und Geistergeschichte. Fabian Lutz über "Viet und Nam", der seit gestern in einigen ausgewählten Kinos läuft: www.critic.de/film/viet-an...

Die einen ärgern sich über die ihnen auf der Leinwand kredenzten wahren Geschichten, die anderen schlafen den Schlaf der Gerechten. Das Leben auf Filmfestivals ist manchmal hart. Pavao Vlajcic über Filme von Gus van Sant, Pietro Marcello, Kaouther Ben Hania und anderen.

Tief humanistisch und radikal subjektiv: Als die Fernsehteams nach den rassistischen Morden von Hanau wieder verschwanden, ist Marcin Wierzchowki für seine Langzeit-Doku noch geblieben. Ute Thon über "Das deutsche Volk", ab heute im Kino.

The Rock kämpft sich im A24-Gewand in Richtung Oscar-Nominierung, Kathryn Bigelow nagelt einen gnadenlos in den Kinositz und François Ozon demonstriert, dass man sich auch auf vollendetes Handwerk nicht immer verlassen kann. Pavao Vlajcic berichtet aus Venedig.

Philippe Garrels ersten Kurzfilm "Die entlaufenen Kinder" (1966) über zwei junge Ausreißer gibt es gerade in der Arte-Mediathek.

Olivier Assayas gibt den Putin-Erklärer, Mark Jenkins meditiert (vielleicht) über schwules Verlangen, Mona Fastvold packt die ganz großen Kaliber aus – und könnte Venedig am Ende des Festivals mit dem Hauptpreis verlassen. Pavao Vlajcic berichtet von den neuesten Filmen am Lido.

Beim Landgang wird ein Matrose (Horst Buchholz) bestohlen und seiner Identität beraubt. Um zurück in die Heimat zu kommen, heuert er auf einem heruntergekommenen Dampfer an, ohne jedoch zu wissen, worauf er sich einlässt. Georg Tresslers "Das Totenschiff" (1959) gibt es gerade in der Arte-Mediathek.

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen: Guillermo Del Toro verhebt sich an seinem Traumprojekt, einer Frankenstein-Verfilmung. Einen Lichtblick im oft bedeutungsschwanger verlaberten Festivalprogramm von Venedig findet Pavao Vlajcic hingegen in Jim Jarmuschs neuestem Streich.

Die ungarische Regisseurin Ildikó Enyedi folgt in ihrem 1989er Debüt zwei zeitgleich mit der Glühbirne geborenen Zwillingsschwestern durch das entstehende Jahrhundert. Manon Cavagna über "Mein 20. Jahrhundert", den es neu in der Arte-Mediathek gibt.

Ein FBI-Profiler sucht einen Serienkiller, der "die Zahnfee" genannt wird. Helfen soll dabei der Kannibale Hannibal Lecktor. "Manhunter - Roter Drache", einer von Michael Mann schönsten Filmen, gibt es gerade (optional auch in der Originalfassung') in der ARD-Mediathek.

Der zweite Tag am Lido bringt für Pavao Vlajcic unter anderem neue Filme von Noah Baumbach. Valérie Donzelli und László Nemes. Dabei reicht die Bandbreite von gutgelaunter Farce bis zu indiskutablem Bullshit. Zum Glück warten am Ende die rettenden Arme von ABBA.

Klage, Wut und trotziger Groove: Regisseur Franco Rosso begleitet das Soundsystem „Ital Lion“ durch den Londoner Stadtteil Brixton. Dabei nimmt sein Film Spike Lees "Do The Right Thing" vorweg, ist aber weniger didaktisch. Robert Wagner über "Babylon" (1980), den es neu bei Mubi gibt.

Zum Auftakt des Filmfestivals am Lido feiern die neuen Filme von Yorgos Lanthimos, Paolo Sorrentino und Luca Guadagnino Premiere. Außerdem: Ein Ausflug in den Höllenkreis der europäischen Förderfilms. Pavao Vlajcics erste Notizen aus Venedig.

Im City Kino Wedding gibt es eine neue Reihe namens "Idiocinecratic", bei der selten zu sehende Filme auf dem Programm stehen. Los geht's nächstes Wochenende (5. und 6.9.) mit Sarah Jacobsons "Mary Jane's Not a Virgin Anymore" (1996) und Martha Coolidges "Not a Pretty Picture" (1976).

Der pädophile Ewald (Georg Friedrich) flieht vor seiner Verlobten in die rumänische Provinz, wo er den Jungen aus der Nachbarschaft Judostunden gibt. Samuel Bereuther über Ulrich Seidls "Sparta", den es (wie auch sein Gegenstück "Rimini") neu in der Arte-Mediathek gibt.

Dieses Jahr haben wir auch einen Kritikerspiegel für das gestern gestartete Filmfestival in Venedig. Wir freuen uns, dass geschätzte Kollegen von Artechock, Die Presse, Filmstarts, Moviepilot, Filmdienst und Filmihullu mit dabei sind. Die ersten Noten sind schon eingetragen: jury.critic.de

Die Arbeit lässt es nicht zu: Autor Leon (Thomas Schubert) trotzt im Schreibexil an der Ostsee konsequent jeglichen Versuchungen. Jonas Nestroy über "Roter Himmel", den es neu in der Arte-Mediathek gibt.

Ein Barkeeper im Sog der New Yorker Unterwelt: Regisseur Darren Aronofsky inszeniert eine atemlose Gaunergeschichte und lässt seinen gewohnten Fatalismus hinter sich. Ein Film, der in seinen besten Momenten wirkt wie aus der Hüfte geschossen. Michael Kienzl über "Caught Stealing", ab morgen im Kino.